SUPERSUIT : PUBLIC @ IM FLIEGER CROSSBREEDS
Fotos: Conny Zenk
Der eingezäunte, scheinbar ungenutze Platz ist voller unerwarteter Funktionen, ein riesiger Sattelschlepper kurvt kunstvoll hinein, nähert sich minutiös einer hydraulischen Rampe. Er wird das Gelände nur durch das zweite Tor verlassen können. Ich ändere also meine Location geringfügig und beschliesse, mich im Anschluss an die GEWISTA-Werbetafeln am oberen Ende anzudocken und den Stoff entlang des Zaunes um die Ecke zu führen.
Die zwei Testtage haben so etwas wie ein Arbeitsprotokoll entstehen lassen. Ich schraube die Stangen ineinander, ziehe dazu einen kleinen Schraubenzieher aus der Brusttasche, wo auch ein dutzend Kabelbinder warten. Mit einigen davon zurre ich Metallstangen und dann gleich auch eine Schlaufe des SUITS and den Drahtmaschen fest. Eine Frau beobachtet mich aus einem Fenster im 4. Stock, zieht sich schnell zurück als sie meinen Blick bemerkt. Sie wird öfters erscheine und die Aktion laufend beobachten, beinahe bis zum Schluss. Aufatmen, ich stehe, halte zwei Stangen in der Hand. Damit, sowie mit Veränderungen meiner Körperposition kontrolliere und forme ich den Suit als Raum.
Zeit. Kommen und gehen. Blicke, die sich begegnen, schnell oder langsam abwenden. Durch die spiegelnde Glasscheibe des benachbarten Reisebüros ein Augenpaar, oberhalb eine Uhr. Ein magerer Mann auf Krücken schleppt sich langsam vorüber, ein Tubaspieler, der zur Probe eilt und deshalb keine Zeit hat, spontan etwas zu spielen, ein Arbeiter der sich neugierig bis zum Metallgeländer auf der erhöhten Mauer gegenüber nähert, hastig seine Leberkäsesemmel kauend, lacht, grüsst und wieder verschwindet. Müllmänner, die auf der Rückseite ihres orangefarbenen Lasters um die Kurve geshuttelt werden, Lieferdienste, Hundehalterinnen, jemand telefoniert endlos lange, halbversteckt hinter den geparkten Autos. Studentinnen, Schüler, ein Typ mit österreichischem Adler, tätowiert auf der einen Wade, auf der anderen“ I am from Austria“. Ein Autofahrer hält an, blickt lange, lacht, gibt Gas. Niemand spricht mich an. Niemand regt sich auf. Wolken treiben, dann brennt die Sonne, manchmal eine kühle Brise dazwischen. Alltag. Und zu Mittag belebt sich die Strasse entgegen meiner Annahme nicht, sondern wird noch ruhiger, als ob sie eingenickt wäre. Die Zeit verlangsamt sich, zähflüssig, unmerklich schiebt sich der Schatten des überdimensionalen Lampenpfeilers in meine Richtung.